Die EU-Flüchtlingskrise: Probleme und Herausforderungen
BEIJING, 15. September (Xinhuanet) -- Krieg, Armut und Hoffnungslosigkeit: Mit nicht viel mehr als dem Mut der Verzweiflung im Gepäck treten Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten, Afrika und Südasien eine entbehrungsreiche Reise nach Europa, das Land ihrer Hoffnungen an. Häufig schlafen und essen sie im Freien, doch welches Leid haben sie auf der Flucht noch durchlebt? Wie sieht das neue Leben aus, das sie erwartet? Wie werden die Europäer der Krise künftig entgegen treten?
Ein schwerer Weg in eine ungewisse Zukunft
Laut Statistiken des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen haben in den ersten acht Monaten dieses Jahres etwa 366.000 Flüchtlinge Europa erreicht, schon jetzt mehr als im gesamten Vorjahr. Die häufigsten Herkunftsländer sind Syrien, Irak, Eritrea und Somalia. Seit dem Ausbruch der Syrienkrise sind bereits über eine Million Syrer in den benachbarten Libanon geflohen, was zu einer völligen Überforderung der libanesischen Regierung führte. Da sich die Verhältnisse im Libanon stetig weiter verschlechtern, sehen sich viele Syrer gezwungen, sich auf eine erneute Flucht, diesmal Richtung Europa, zu begeben.
Eine langfristige Herausforderung: Europa unter Druck
Ein unablässiger Flüchtlingsstrom setzt die Länder an den EU-Außengrenzen stark unter Druck. Die unweit der türkischen Grenze gelegene griechische Insel Lesbos platzt bereits aus allen Nähten. Das Flüchtlingsaufnahmezentrum der Insel ist auf monatlich maximal 900 Personen ausgerichtet, doch während der vergangenen zwei Monate kamen wöchentlich bis zu 10.000 Flüchtlinge an. Der stellvertretende Minister für Handelsschifffahrt der griechischen Übergangsregierung Christos Zois erklärte, sein Land verfüge über keine umfassende Strategie im Umgang mit der Flüchtlingswelle.
Deutschland unterdessen ist das Ziel, mit dem Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern die größten Hoffnungen verbinden. Weil die Entscheidungsprozesse verhältnismäßig lang sind, lastet ein großer Druck auf den Lokalregierungen. Die Bundesregierung entschied kürzlich, innerhalb der kommenden zwei Jahre sieben Milliarden Euro für Erstaufnahmemaßnahmen und Unterbringung von Flüchtlingen bereitzustellen, die Lokalregierungen jedoch beklagen, dass dieser Betrag bei Weitem nicht ausreiche.
Europa sieht sich momentan einer Reihe von Problemen ausgesetzt: eine nach wie vor nicht überwundene Schuldenkrise, schwaches Wirtschaftswachstum, anhaltend hohe Arbeitslosenquoten, steigende Kriminalitätsraten und an Zuspruch gewinnende rechtsextreme Kräfte. Da ist die über Europa hereinbrechende Flüchtlingswelle wie „eine Krise in der Krise“, die den Europäern weitere Kopfschmerzen bereitet. Wenn Europa in der gegenwärtigen Lage eine große Anzahl von Flüchtlingen aufnimmt, so erschwert dies unweigerlich das Überwinden der Wirtschaftskrise und gefährdet die gesellschaftliche Stabilität.
Nach der Wurzel des Problems suchen: Koordination und Zusammenarbeit stärken
Analysten sehen die EU mit den folgenden drei Problemen konfrontiert: Zunächst setzen sich die Schleusertragödien im Mittelmeer unverändert fort. Die EU kann sich nicht der Verantwortung entziehen und erntet erhebliche Kritik für unzureichende Rettungsmissionen. Zweitens ist das gegenwärtige Asylsystem der neuen Situation nicht gewachsen. Gemäß EU-Bestimmungen müssen sich Flüchtlinge in dem ersten EU-Land, dass Sie betreten, registrieren und Asyl beantragen. Zur Zeit wartet daher eine sehr große Anzahl an Flüchtlingen in Ländern mit EU-Außengrenzen wie Italien und Griechenland auf die Möglichkeit zur Weiterreise nach West- und Nordeuropa. Dies führt zu erheblichen Belastungen in den betroffenen südeuropäischen Staaten. Drittens gibt es Meinungsverschiedenheiten innerhalb der EU was die Verteilung der Flüchtlinge anbetrifft. Einige osteuropäische Staaten stellen sich mit Nachdruck gegen die Verteilungspläne der Europäischen Kommission.
Kai-Olaf Lang, Europaexperte der renommierten deutschen „Stiftung Wissenschaft und Politik“, ist der Ansicht, dass egal ob kurzfristige Aufnahme oder langfristige Integration, die Aufnahmeländer immer vor eine ernsthafte Probe gestellt werden. Die Europäische Union jedoch könne die gegenwärtige Krise auch als eine Chance zu neuen Reformen betrachten und zwischenstaatliche Kooperationen in Justiz, Innenpolitik, Immigrations- und Asylfragen vertiefen, sodass mehr gemeinsame innenpolitische, diplomatische und sicherheitspolitische Richtlinien ausgearbeitet werden könnten.
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