365 Träume aus China: Rennfahrer

(männlich) Zhou Yong: Viele denken, dass Rennfahrer ein sehr cooler und aufregender Beruf ist. Es gibt alle möglichen Vorstellungen, aber eigentlich ist das gar nicht so.

Wie das ist, wenn man auf der Rennstrecke eine Motorpanne hat oder sich überschlägt, oder wenn man vor dem Rennen auf den Wagen wartet, das können normale Leute sich nicht vorstellen.

Als ich klein war, hockte ich furchtbar gerne vor dem Fahrrad, schaute zu, wie die Kette sich dreht, und dachte nach, wie sie sich dreht. Als ich klein war, mochte ich einfach Fahrzeuge sehr gerne. Wenn ein LKW vorbeifuhr, bin ich immer hinterhergelaufen, weil ich den Geruch vom LKW-Diesel so gerne mochte, den er hinterließ.

Am meisten beeindruckt hat mich ein Erlebnis bei der Rallye-Weltmeisterschaft in Indonesien 1997. Damals wollte ich gerade aus der Boxengasse zum Rennen aufbrechen und das Rennauto wurde von den Mitarbeitern sauber gemacht. Ich ging durch den Matsch und wollte direkt ins Auto steigen, da nahm der Rennteamleiter einen Lappen, hob meinen Fuß hoch und putzte meinen Schuh sauber. Er hatte gemerkt, dass ich ziemlich gut fahren kann, aber dass mir Selbstvertrauen fehlt. Er dachte, er müsste mich auf diese Weise etwas ermutigen.

Davon, an der jährlichen Rallye Dakar teilzunehmen, träumt wahrscheinlich jeder Rennfahrer. Seit 2004 nehmen auch chinesische Fahrer teil. Ich war 2005 zum ersten Mal mit dabei. Ein paar Leute haben mich gefragt, warum ich unbedingt in so einem harten Rennen mitfahren will. Ich habe geantwortet: „Gerade weil es das härsteste Rennen der Welt ist.“

Die Rallye 2006 war das schwierigste Rennen meines Lebens. Als ich gerade auf die afrikanische Strecke kam, rutschte mir das linke Vorderrad komplett weg und Sand kam in den Motor. Als der Streckenposten das sah, fragte er mich: „Fährst du noch weiter?“ und ich sagte: „Natürlich, ich gebe mich erst geschlagen, wenn ich auf der Rennstrecke sterbe.“ Auf den folgenden zwei Marathon-Streckenabschnitten legten wir etwa 1000 km zurück. Nach dem ursprünglichen Plan des Rennteams, hätten wir alle 150 km Motoröl nachfüllen müssen, aber tatsächlich mussten wir es schon alle 50 oder 60 km nachfüllen. Und bei jeder Flussüberquerung musste ich aussteigen und Wasser auf den Motor sprühen – mit einer Wasserpistole – damit ich es bis zum nächsten Fluss schaffte. So schaffte ich es mit Hängen und Würgen bis ins Ziel.

In Wirklichkeit denke ich jedes Mal, wenn ich auf dem Siegerpodest stehe: „Wann kann ich nach Hause?“ Dakar ist für mich eine Art asketische Übung. Ich kann nicht genau erklären, was Dakar mir bringt. Aber ich bin überzeugt, es lässt mich mit einer anderen Weisheit auf das Leben blicken. Egal wo man hinkommt, überall ist der Geist von Dakar, der Geist des Niemals-Aufgebens.

 

Xinhuanet Deutsch

365 Träume aus China: Rennfahrer

GERMAN.XINHUA.COM 2018-06-15 16:33:49

(männlich) Zhou Yong: Viele denken, dass Rennfahrer ein sehr cooler und aufregender Beruf ist. Es gibt alle möglichen Vorstellungen, aber eigentlich ist das gar nicht so.

Wie das ist, wenn man auf der Rennstrecke eine Motorpanne hat oder sich überschlägt, oder wenn man vor dem Rennen auf den Wagen wartet, das können normale Leute sich nicht vorstellen.

Als ich klein war, hockte ich furchtbar gerne vor dem Fahrrad, schaute zu, wie die Kette sich dreht, und dachte nach, wie sie sich dreht. Als ich klein war, mochte ich einfach Fahrzeuge sehr gerne. Wenn ein LKW vorbeifuhr, bin ich immer hinterhergelaufen, weil ich den Geruch vom LKW-Diesel so gerne mochte, den er hinterließ.

Am meisten beeindruckt hat mich ein Erlebnis bei der Rallye-Weltmeisterschaft in Indonesien 1997. Damals wollte ich gerade aus der Boxengasse zum Rennen aufbrechen und das Rennauto wurde von den Mitarbeitern sauber gemacht. Ich ging durch den Matsch und wollte direkt ins Auto steigen, da nahm der Rennteamleiter einen Lappen, hob meinen Fuß hoch und putzte meinen Schuh sauber. Er hatte gemerkt, dass ich ziemlich gut fahren kann, aber dass mir Selbstvertrauen fehlt. Er dachte, er müsste mich auf diese Weise etwas ermutigen.

Davon, an der jährlichen Rallye Dakar teilzunehmen, träumt wahrscheinlich jeder Rennfahrer. Seit 2004 nehmen auch chinesische Fahrer teil. Ich war 2005 zum ersten Mal mit dabei. Ein paar Leute haben mich gefragt, warum ich unbedingt in so einem harten Rennen mitfahren will. Ich habe geantwortet: „Gerade weil es das härsteste Rennen der Welt ist.“

Die Rallye 2006 war das schwierigste Rennen meines Lebens. Als ich gerade auf die afrikanische Strecke kam, rutschte mir das linke Vorderrad komplett weg und Sand kam in den Motor. Als der Streckenposten das sah, fragte er mich: „Fährst du noch weiter?“ und ich sagte: „Natürlich, ich gebe mich erst geschlagen, wenn ich auf der Rennstrecke sterbe.“ Auf den folgenden zwei Marathon-Streckenabschnitten legten wir etwa 1000 km zurück. Nach dem ursprünglichen Plan des Rennteams, hätten wir alle 150 km Motoröl nachfüllen müssen, aber tatsächlich mussten wir es schon alle 50 oder 60 km nachfüllen. Und bei jeder Flussüberquerung musste ich aussteigen und Wasser auf den Motor sprühen – mit einer Wasserpistole – damit ich es bis zum nächsten Fluss schaffte. So schaffte ich es mit Hängen und Würgen bis ins Ziel.

In Wirklichkeit denke ich jedes Mal, wenn ich auf dem Siegerpodest stehe: „Wann kann ich nach Hause?“ Dakar ist für mich eine Art asketische Übung. Ich kann nicht genau erklären, was Dakar mir bringt. Aber ich bin überzeugt, es lässt mich mit einer anderen Weisheit auf das Leben blicken. Egal wo man hinkommt, überall ist der Geist von Dakar, der Geist des Niemals-Aufgebens.

 

010020071360000000000000011100001372562651