Xinhuanet Deutsch

Interview: Luxemburg bleibt das Tor Europas für chinesische Investoren

German.xinhuanet.com | 02-12-2020 16:49:57 | 新华网

Robert Scharfe, CEO der Börse Luxemburg, spricht während dem traditionellen Läuten der Börsenglocke an der Börse Luxemburg, 24. April 2019. (Akte Xinhua/Zhang Cheng)

GENF, 1. Dezember (Xinhua) -- Dem CEO der Börse Luxemburg Robert Scharfe zufolge wird Luxemburg seine Position als ein vorrangiges Ziel für chinesische Investitionen beibehalten, wobei Investitionsströme zunehmend auch in die andere Richtung fließen.

Außerdem ist man nach Angaben des CEO weiterhin bestrebt, internationalen Investoren den Zugang zu chinesischen grünen Anleihen zu erleichtern.

Das Großherzogtum, eines der kleinsten, aber wohlhabendsten Länder der Welt, hat sich als Drehscheibe für international tätige Banken und Finanzinstitute in der Europäischen Union (EU) und als Portal für chinesische Investoren etabliert.

„Wir haben in den Jahren 2017 und 2018 Spitzenwerte erlebt, 2019 war etwas langsamer, und 2020 wird aufgrund der Pandemie etwas weniger aktiv sein als das, was wir bisher erlebt haben“, sagte Scharfe kürzlich in einem Interview mit Xinhua am Rande der virtuell abgehaltenen Horasis Asia Meeting.

„Aber insgesamt glaube ich, dass wir für chinesische Investitionen interessant bleiben werden, und ich gehe davon aus, dass sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern wird.“

„Wir sehen auch immer mehr Vermögensverwalter aus China, die sich direkt in Luxemburg niederlassen, um Kapital nach China zu locken. Ich denke es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis wir sehen, dass die Ströme auch in die entgegengesetzte Richtung fließen“, sagte Scharfe.

Nach Angaben der Luxembourg for Finance, die Agentur des Landes für die Entwicklung des Finanzstandortes, kam die Bank of China im Jahr 1979, vor fast vier Jahrzehnten, als erste chinesische Bank nach Luxemburg, um eine Auslandsniederlassung zu gründen. Seitdem in Luxemburg haben sieben chinesische Banken ihre Niederlassungen gegründet und zwei weitere Banken befinden sich im Besitz chinesischer Aktionäre.

„Wir sehen viele chinesische Marktteilnehmer und die größten Geschäftsbanken, die ihren europäischen Hauptsitz in Luxemburg eingerichtet haben und nach Europa expandieren, um ihre gewerblichen Aktivitäten zu verfolgen“, sagte Scharfe.

Darüber hinaus gehörte Luxemburg zu den größten Gewinnern des Brexits. Unternehmen und Finanzinstitute zogen ihr operatives Geschäft aus dem Vereinigten Königreich ab und viele wählten Luxemburg als ihr Tor zum Binnenmarkt der Europäischen Union nach dem Brexit.

Laut dem im September veröffentlichten Global Financial Centres Index (GFCI 28), der die Wettbewerbsfähigkeit von Finanzstandorten misst, ist Luxemburg in der Gesamtwertung um sechs Plätze nach oben gerückt und liegt nun weltweit auf Platz 12.

Scharfe wies auch darauf hin, dass Luxemburg seine Position als Offshore-Finanzplatz des Renminbi (RMB) und als Drehscheibe für die allmähliche Internationalisierung der chinesischen Währung weiter festigt. Er betonte jedoch, dass es genügend Raum für Wettbewerb gibt, da auch andere Standorte wie Singapur und London um einen Teil des Geschäfts konkurrieren.

„Wir sprechen von einem riesigen Markt, der alle Kontinente betrifft. Ich hoffe, dass es viele RMB-Zentren geben wird. Der RMB als Währung ist heute noch sehr wenig in den Portfolios internationaler Investoren vertreten.“

Mit mehr als 37.000 börsennotierten Wertpapieren von 2.000 Emittenten aus über 100 Ländern und Regionen, darunter 33.000 Schuldtitel, ist die Börse Luxemburg nach eigenen Angaben eine der weltweit führenden Handelsplätze für die Notierung internationaler Wertpapiere.

Im Jahr 2016 rief die Börse Luxemburg die Luxembourg Green Exchange ins Leben, die als erste Börse der Welt eine Plattform betreibt, die sich ausschließlich nachhaltigen Finanztiteln widmet.

„Grüne Anleihen sind die perfekten Instrumente für Anleger, die einem Unternehmen nicht einfach Geld oder Fonds zur Verfügung stellen würden, sondern wissen wollen, wofür das Geld verwendet wird“, sagte Scharfe gegenüber Xinhua.

„Die Pandemie hat gezeigt, dass es ein allgemeines Verständnis dafür gibt, dass sich die Kapitalmärkte in Richtung grüner, sozialer und nachhaltiger Finanzinstrumente bewegen müssen.“

Eine grüne Anleihe ist eine Art festverzinsliches Finanzinstrument, das speziell dazu bestimmt ist, Geld für Klima- und Umweltprojekte, wie etwa saubere Energie und Projekte zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung, zu beschaffen.

Wie die von der Börse zur Verfügung gestellten Daten zeigen, erfasste die Luxembourg Green Exchange zum 31. Oktober mehr als 850 grüne, soziale und nachhaltige Wertpapiere, im Gesamtwert von fast 350 Milliarden Euro, von 150 Emittenten aus über 30 Ländern und Regionen.

„Es gibt immer mehr chinesische Institutionen, die international tätig werden und grüne Anleihen nach internationalen Standards ausgeben. Wir helfen einer Reihe von Institutionen dabei, diesen internationalen Standards zu entsprechen“, sagte Scharfe.

Darüber hinaus haben die Börse Shanghai und die Börse Luxemburg 2018 einen Handelsplatz für grüne Anleihen (Green Bond Channel) ins Leben gerufen, um die Informationslücke zwischen chinesischen Emittenten und internationalen Investoren zu schließen.

Grüne Anleihen, die an der Börse in Shanghai notiert sind, können über bestehende Kanäle gehandelt werden, während die Börse Luxemburg Informationen über chinesische Inlandsanleihen in englischer Sprache für Anleger aus dem Ausland bereitstellt.

„Der Green Bond Channel ist eine Brücke zwischen dem chinesischen Binnenmarkt und der internationalen Investorengemeinschaft mit dem einzigen Ziel, die Kriterien, die diesen Anleihen zugrunde liegen, so weit wie möglich zu harmonisieren“, sagte Scharfe.

(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)

Weitere Artikel
010020071360000000000000011100001395581531