Ein Mann betankt ein Fahrzeug an einer Tankstelle in Berlin, 8. September 2022. (Xinhua/Ren Pengfei)
BERLIN, 13. September (Xinhua) -- Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom Montag im August um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat gestiegen.
Im Juli waren die Insolvenzen noch um 4,2 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken. Im ersten Halbjahr gingen die Unternehmensinsolvenzen in Europas größter Volkswirtschaft um 4,0 Prozent zurück, die Privatinsolvenzen sogar um 20,2 Prozent.
"Nach lange Zeit niedrigen Insolvenzahlen hat nun eine Trendwende eingesetzt", sagte Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).
Die hohen Energiepreise belasten die deutschen Unternehmen erheblich. Im Vergleich zum Vorjahr ist laut IWH die Zahl der Insolvenzen im August um 26 Prozent gestiegen. Anhaltende Lieferkettenprobleme, steigende Lohnkosten und die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) belasten die Wirtschaft zusätzlich.
Anfang des Monats meldeten zwei große deutsche Unternehmen Insolvenz an: der Toilettenpapierhersteller Hakle und die Modekette Görtz, die 160 Filialen in Österreich und Deutschland betreibt. Die Inflation und die steigenden Energiepreisen "führten zu enormer Kaufzurückhaltung in den Filialen und im Onlinegeschäft", teilte Görtz mit.
Beide Unternehmen wollen mit Hilfe des Insolvenzgeldes der Bundesagentur für Arbeit (BA) den Betrieb aufrechterhalten und Arbeitsplätze sichern. "Die Eigenverwaltung bietet uns die notwendige Flexibilität und Geschwindigkeit, um unseren Betrieb nachhaltig zu sanieren", sagte Hakle-Geschäftsführer Volker Jung.
"Wir reden viel über Unternehmensinsolvenzen, meine größte Sorge aber sind Privatinsolvenzen", sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), vergangene Woche dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Verbraucher könnten wegen der explodierenden Kosten für Gas und Strom zunehmend in die Insolvenz gehen.
Nach einem zweimonatigen Rückgang erreichte die Inflationsrate in Deutschland laut Destatis im August einen Rekordwert von 7,9 Prozent. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen mehr als doppelt so schnell wie die Gesamtinflation, während die Energiepreise sogar um 35,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr anstiegen.
Letzte Woche kündigte die Bundesregierung die nächste Runde von Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Verbraucher in Höhe von 65 Milliarden Euro an, womit sich der Gesamtwert der Inflationsmaßnahmen auf 95 Milliarden Euro erhöht.
Obwohl die Entlastungspakete gute Elemente enthielten, reichten sie vom Volumen her nicht aus, sagte Fratzscher. "Viele Bürgerinnen und Bürger werden wegen der explodierenden Strom- und Gaspreise ihre Rechnung nicht bezahlen können."
Die sozialen Einrichtungen in Deutschland sind nun durch die hohe Inflation bedroht. "Ohne zügige staatliche Unterstützung sind Insolvenzen in der Breite der sozialen Infrastruktur und eine Einebnung eben dieser nicht auszuschließen", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.
(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)