Deutschlands 60-Milliarden-Euro-Loch im Haushalt führt zur Regierungskrise - Xinhua | German.news.cn

Deutschlands 60-Milliarden-Euro-Loch im Haushalt führt zur Regierungskrise

2023-12-01 14:01:44| German.news.cn
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Das Foto zeigt eine Herbstkulisse am Main in Frankfurt am Main, 8. November 2023. (Xinhua/Zhang Fan)

Die Bundesregierung steht vor einer Krise, während das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Umwidmung von Mitteln aus dem COVID-19-Hilfsfonds zugunsten von Klimaschutzmaßnahmen eine neue Realität schafft, die sich auf Projekte zur grünen Transformation sowie auf die Wirtschaftsförderung auswirkt.

BERLIN, 30. November (Xinhua) -- Die Bundesregierung befindet sich in einer Krise, seit das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil gegen die Umwidmung von Mitteln aus dem COVID-19-Hilfsfonds zugunsten von Klimaschutzmaßnahmen ein Loch von 60 Milliarden Euro in den geplanten Haushalt für das nächste Jahr gerissen hat.

"Dieses Urteil schafft eine neue Realität - für die Bundesregierung und für alle gegenwärtigen und die zukünftigen Regierungen im Bund und in den Ländern", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag.

Nach der COVID-19-Pandemie und der Energiekrise stehe Deutschland nun vor Herausforderungen, die es "in dieser Konzentration und Härte wohl noch nicht erlebt hat", betonte Scholz.

Durch die Aussetzung bedeutender Ausgaben des deutschen Klima- und Transformationsfonds (KTF) nach dem Gerichtsurteil liegen viele wichtige Projekte der grünen Transformation wie die Förderung der heimischen Chipproduktion und Subventionen im Bau- und Verkehrssektor auf Eis.

Auch die Strompreiskompensation für die deutsche Industrie und die laufenden Inflationshilfen für die Bürger sind betroffen. Der Wegfall dieser staatlichen Hilfen würde die kränkelnde deutsche Wirtschaft zusätzlich belasten, die laut Prognosen in diesem Jahr um 0,4 Prozent schrumpfen wird, bevor sie sich im nächsten Jahr wieder leicht um rund ein Prozent erholen wird.

Aufgrund der Haushaltskrise werde der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2024 "nun wahrscheinlich noch geringer ausfallen als bisher erwartet", sagte Oliver Holtemöller, Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), am Mittwoch gegenüber Xinhua. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sei eine "große Belastung für die Regierung".

Zwischen den Koalitionspartnern gibt es grundlegende Meinungsverschiedenheiten über die Lösung des Problems. Während Scholz' SPD und die Grünen übereinstimmend neue Schulden aufnehmen wollen, beharrt der kleinste Partner, die FDP, auf einer Lösung des Problems allein durch Einsparungen.

Für die FDP, angeführt von Bundesfinanzminister Christian Lindner, ist die Einhaltung der Schuldenbremse ein zentrales Anliegen, die eine Neuverschuldung außer in Krisenfällen verbietet.  Sie wurde wegen der COVID-19-Pandemie für drei Jahre ausgesetzt, soll aber ab 2023 eigentlich wieder greifen.

Für das laufende Jahr soll die Schuldenbremse nun wegen der als Notlage geltenden Energiekrise wieder ausgesetzt werden. Für die 60 Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren ausgegeben werden sollten, gibt es jedoch noch keine Lösung. Die FDP lehnt sowohl eine Reform der Schuldenbremse als auch Steuererhöhungen für Reiche ab, wie sie von SPD und Grünen vorgeschlagen werden.

Die Umfragewerte der drei Regierungsparteien sind seit Monaten rückläufig. Die SPD von Scholz verliert mit der Verschärfung der Krise weiter an Boden. Laut der jüngsten Forsa-Wahlumfrage verlor die Partei im Vergleich zur letzten Wahl zwölf Prozentpunkte und liegt nun bei 14 Prozent. Die FDP halbierte ihr Wahlergebnis und würde die für den Einzug in den Bundestag erforderliche Fünf-Prozent-Hürde kaum noch erreichen.

Obwohl die Umfrage 15 Prozent für die Grünen bestätigt, liegt die Partei nur an dritter Stelle hinter der konservativen Union (CDU/CSU) mit 30 Prozent und der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) mit 21 Prozent. Die CDU/CSU, die die Klage eingereicht hatte, mit der die Umwidmung der Pandemiemittel gekippt wurde, hat bereits Neuwahlen gefordert.

"Je früher diese Regierung abgelöst wird, desto besser für Deutschland", sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Die Partei lehnt ebenso wie die FDP eine Neuverschuldung ab und ist bereit, ein zweites Mal zu klagen, wenn die Bundesregierung die Schuldenbremse 2024 erneut aussetzen sollte. Darüber hinaus verwehren sich sowohl die Liberalen als auch die Konservativen einer Reform der Schuldenbremse.

Viele Wirtschaftsexperten sprechen sich dagegen für eine Reform aus. "Die Schuldenbremse ist nicht mehr zeitgemäß, weil sie der Politik notwendigen Spielraum nimmt, um Krisen zu bekämpfen und Zukunftsinvestitionen zu tätigen", sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Bei vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland würde voraussichtlich nur die große Koalition aus CDU/CSU und SPD eine Mehrheit erhalten. Wegen der grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen FDP und Grünen sollte Scholz "die Partner, die er jetzt hat, entlassen", sagte CSU-Chef Markus Söder. "Wir stünden bereit, um in der Notsituation vielleicht Verantwortung zu übernehmen."

(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)