WUHAN, 25. April (Xinhua) -- In einer Werkstatt im Kreis Yingshan in Zentralchina drückte der deutsche Wissenschaftler Fabian Schrodt vorsichtig Papier auf mit Tinte bestrichene Tonblöcke. So ließ er eine historische chinesische Innovation aus dem 11. Jahrhundert wiederaufleben: den beweglichen Lettern-Druck von Bi Sheng.
„Obwohl seine Methoden nicht mit der heutigen digitalen Effizienz mithalten können, zeigten sie doch schon lange vor der Einführung der standardisierten Fertigung die Genialität des modularen Designs“, sagte Schrodt, Professor an der Universität Wuhan, als die Zeichen eines chinesischen Gedichts auf dem Papier erschienen.
Seine praktischen Erfahrungen in der Bi Sheng Memorial Hall ließen die Genialität des Erfinders aus der Song-Dynastie lebendig werden, dessen Tonbuchstaben-System der Metallpresse des deutschen Druckers Johannes Gutenberg um 400 Jahre voraus war.
Tausende Kilometer entfernt, im deutschen Mainz, erleben Besucher des Gutenberg-Museums ein ähnliches Gefühl historischer Innovation.
Während Gutenbergs Druckerpresse mit Metalllettern aus dem 15. Jahrhundert Europa revolutionierte, würdigt Ulf Sölter, Direktor des Gutenberg-Museums in Mainz, einen früheren Pionier: „Die verbindende Idee zwischen Gutenberg und der Erfindung von Bi, der lange vor Gutenberg auf die Idee kam, einzelne Werke in ihre Bestandteile zu zerlegen, ist eine große Parallele“, sagte Sölter.
Die Erfindungen von Bi und Gutenberg seien zwar konzeptionell ähnlich, doch die Technologien seien unterschiedlich und in sehr verschiedenen kulturellen und kommunikativen Kontexten entstanden, betonte Sölter.
Laut Lin Chunjie, Direktor der Abteilung für Germanistik an der Huazhong University of Science and Technology, ist die Erfindung von Bi die früheste bekannte Form des Buchdrucks mit beweglichen Lettern in der Geschichte der Menschheit. „Die Technologie verbreitete sich entlang der Seidenstraße nach Westen, und etwa 400 Jahre später schuf Gutenberg den Druck mit beweglichen Metalllettern“, fügte Lin hinzu.
Gutenbergs Version mit ihren metallurgischen Verfeinerungen und der ölbasierten Druckfarbe hatte einen enormen Einfluss auf die europäischen Medien und ermöglichte erst die Reformation und später die Aufklärung.
Sowohl die Bi Sheng Memorial Hall als auch das Gutenberg-Museum dienen nicht nur als Bewahrer der Geschichte, sondern auch als aktive Bildungsstätten, in denen Besucher die jahrhundertealten Techniken hautnah erleben können.
Für Schrodt, der einen Nachmittag lang von Wang Kui - einem Erben des immateriellen Kulturerbes von Bis beweglichen Drucklettern - gelernt hat, ist eine solche Bewahrung unerlässlich.
„Es ist bedauerlich, dass technologischer Fortschritt zu einem Verlust von kollektivem Wissen führen kann“, so Schrodt. „Wangs Engagement für die Bewahrung des Erbes von Bi erfüllt einen wichtigen Zweck: Es sorgt dafür, dass die Menschheit nicht an einen Punkt gelangt, an dem wir zwar die Technologie für interstellare Reisen besitzen, diese aber nach ihrem Verlust nicht wiederherstellen können, weil niemand mehr weiß, wie sie funktioniert.“
Jahrhunderte später prägt China erneut die Zukunft des Druckwesens. An der Drupa 2024, der alle vier Jahre stattfindenden weltweit führenden Fachmesse für Drucktechnologie, nahmen über 400 chinesische Unternehmen teil. Das waren fast doppelt so viele wie bei der letzten Ausgabe, womit China vor Deutschland zum größten Aussteller wurde.
„Heute ist China in vielen Bereichen führend, darunter im Digitaldruck und in der nachgelagerten Verarbeitung“, sagte Marius Berlemann, Regional Head for Asia der Messe Düsseldorf. Die Messe Düsseldorf ist Veranstalter der Drupa.
Berlemann betonte den wachsenden Einfluss Chinas und sagte: „Für mich zeichnen drei Aspekte den Beitrag Chinas aus: Effizienz, Innovation und Wert. China verbindet all diese Elemente gekonnt miteinander.“
Gu Yan, General Manager der Messe Düsseldorf in China, sagte, dass der chinesische Druckmarkt in den letzten Jahren ein starkes Wachstum verzeichnet habe, wobei der Gesamtproduktionswert 2024 bei über 1,43 Billionen Yuan (etwa 198,3 Milliarden US-Dollar) lag. Damit habe China seine Position als weltweit führender Druckmarkt gefestigt.
„Derzeit hat Chinas Druckindustrie herausragende Erfolge bei der Digitalisierung und Intelligenzisierung erzielt und gleichzeitig die Entwicklung grüner Drucktechnologien aktiv vorangetrieben. Wir werden uns weiterhin unermüdlich für die nachhaltige Weiterentwicklung der Branche einsetzen“, erklärte Gu.
Mit Blick auf den weiterreichenden Einfluss des Drucks betonte Schrodt, dass dessen Wert nicht nur in der Verbreitung von Wissen liege, sondern auch in dessen Demokratisierung - eine Kraft, die sowohl Bi als auch Gutenberg gemeinsam hatten.
„Die Standardisierung der Textproduktion machte Texte erschwinglicher und in Massenproduktion herstellbar, aber noch wichtiger ist, dass sie Ideen in einer beispiellosen Geschwindigkeit und Größenordnung verbreitete“, sagte Schrodt.
(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)