Das Foto zeigt eine Aufführung zum Thema Dunhuang-Kultur bei der Eröffnungszeremonie des 4. Dialogs über Austausch und gegenseitiges Lernen zwischen den Zivilisationen in Dunhuang in der Provinz Gansu im Nordwesten Chinas, 30. Mai 2025. (Xinhua/Zhang Ling)
LANZHOU, 4. Juni (Xinhua) -- Der für sein großes Engagement für die chinesische Literatur bekannte deutsche Sinologe Martin Woesler besuchte kürzlich zum ersten Mal Dunhuang, den Handelsknotenpunkt an der historischen Seidenstraße in der nordwestchinesischen Provinz Gansu, wo er von dem einzigartigen kulturellen Charme der Stadt fasziniert war.
Von der Hunan Normal University in Zentralchina, wo er derzeit lehrt, reiste Woesler nach Nordwesten, um am 4. Dialog über den Austausch und das gegenseitige Lernen zwischen den Zivilisationen teilzunehmen, der vom 29. bis 31. Mai in Dunhuang stattfand. Während seines kurzen Aufenthalts in Gansu tauschte er sich mit Wissenschaftlern aus Japan, der Republik Korea, den Vereinigten Staaten, Thailand und anderen Ländern über das Thema des interkulturellen Dialogs aus.
Vor seiner Reise nach Dunhuang hatte Woesler seine Hausaufgaben gemacht. Aus Büchern gewann er einen lebendigen Eindruck von Dunhuang - einer von Wüste umgebenen Oasenstadt, einer Schatzkammer der Kunst und des Kulturerbes und einem kulturellen Knotenpunkt, der durch den jahrhundertelangen Austausch entlang der Seidenstraße geprägt ist.
Als sich jedoch die Worte und Bilder aus den Büchern vor seinen Augen bestätigten, war Woesler tief bewegt. Als lebenslanger Liebhaber der chinesischen Kultur und Literatur lebt, arbeitet und studiert er seit über 30 Jahren in China, doch trotz seines langen Aufenthalts in diesem Land bot ihm Dunhuang eine kulturelle Erfahrung, die ihresgleichen sucht.
Während seiner kurzen Reise besuchte Woesler mehrere der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt, die er schon lange mit eigenen Augen sehen wollte. Als er zum ersten Mal vor den Mogao-Grotten stand, war er tief beeindruckt von einem unerwarteten Gefühl der kulturellen Verbundenheit, das sowohl Zeit als auch Raum überbrückte.
In der Höhle 285, die oft als „Pantheon der verschiedenen Kulturen“ bezeichnet wird, zeigen die Fresken eine außergewöhnliche Mischung von Figuren - Apollo und Diana aus der griechischen Mythologie, Fuxi und Nuwa aus chinesischen Legenden, fliegende Apsaras aus dem indischen Buddhismus und gefiederte Unsterbliche aus dem Daoismus.
Es sei diese Verschmelzung der Zivilisationen, die das großartige, jahrtausendealte kulturelle Wunder von Dunhuang hervorgebracht habe, wo verschiedene Traditionen innerhalb einer einzigen Höhle harmonisch nebeneinander existieren würden, so Woesler.
„Dunhuang ist wirklich ein erstaunlicher Ort. Nur wenige Orte haben einen so tiefen kulturellen Einfluss auf die Welt“, sagte Woesler. Auch heute noch, nach Tausenden von Jahren, können seiner Meinung nach Menschen aus verschiedenen Ländern aus dem Geist der Inklusivität und des gegenseitigen Lernens in Dunhuang Weisheit und Kraft schöpfen.
Woeslers Verbindung zu China begann vor 38 Jahren bei einer Lesung in seiner Heimatstadt Münster, wo er von einem chinesischen Gedicht fasziniert war. Dieser Moment weckte sein Interesse an der chinesischen Kultur und führte ihn schließlich zum Studium an der Peking-Universität in Beijing, wo er sich auf eine lebenslange Reise in die chinesische Literatur begab.
Seit Jahrzehnten setzt sich Woesler für die Überbrückung kultureller Unterschiede ein. Seine Karriere führte ihn häufig zwischen Deutschland und China hin und her, und er engagiert sich weiterhin dafür, der Welt die chinesische Literatur und Kultur näherzubringen.
Woesler sieht Übersetzungen als wichtiges Instrument für den kulturellen Austausch. Während viele ausländische Werke auf Chinesisch verfügbar sind, wurden weit weniger chinesische Literaturwerke ins Deutsche übersetzt. Um diesem Mangel abzuhelfen, hat Woesler einen Übersetzungsworkshop ins Leben gerufen, um junge deutsche Sinologen zu motivieren und die chinesische Literatur im Ausland zu fördern.
Seine Reise nach Dunhuang hat nun neue Überlegungen zum kulturellen Dialog im digitalen Zeitalter angestoßen. Woesler ist überzeugt, dass moderne Technologien wie digitale Archivierung und virtuelle Ausstellungen das alte Kulturerbe zugänglicher machen und neue Wege zur Vertiefung des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Zivilisationen eröffnen können.
„Die Menschen müssen heute Unterschiede mit größerer Offenheit akzeptieren, um den Austausch und Dialog zwischen den Zivilisationen inmitten der Herausforderungen des digitalen Zeitalters voranzubringen. Nur durch Zusammenarbeit können wir gegenseitigen Nutzen und einen Fortschritt für alle erreichen“, sagte Woesler.
(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)