BERLIN, 15. Juni 2025 (Xinhua) -- In den Berliner Sommernächten wird der Reichstag wieder einmal „verhüllt“, diesmal nicht in Stoff, sondern in Licht.
Vom 9. bis zum 20. Juni beleuchten 24 synchronisierte Projektoren die Westfassade des Gebäudes und simulieren so den visuellen Effekt einer riesigen Stoffumhüllung und -enthüllung. Die Lichtshow soll am 30. Jahrestag des ikonischen Kunstwerks „Wrapped Reichstag“ des in Bulgarien geborenen Künstlers Christo und seiner Frau Jeanne-Claude aus dem Jahr 1995 erinnern.
Jeden Abend, wenn die Lichtprojektionen die Illusion erwecken, dass der Reichstag eingewickelt und dann wieder ausgewickelt wird, brandet Beifall in der großen Menschenmenge auf dem Platz vor dem Reichstag auf.
Gisela, die mit ihrem Mann die Vorstellung besuchte, war bereits 1995 dabei. „Es war phänomenal“, erinnert sie sich. „Die Leute kamen in Scharen, und es war eine schöne Atmosphäre. Jeder hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen... Die Wirkung vor 30 Jahren kann ich gar nicht beschreiben.“
Für das Original „Wrapped Reichstag“ wurde das historische Gebäude mit 100.000 Quadratmetern aluminiumbeschichtetem Stoff überzogen. Es war eine weltweite Sensation, die mehr als fünf Millionen Besucher anlockte.
Wichtig ist, dass das Projekt von Christo und Jeanne-Claude durch den Verkauf von Christos Kunstwerken vollständig selbst finanziert wurde. „Die Künstler haben keinerlei Sponsorengelder angenommen“, heißt es seitens der Christo und Jeanne-Claude Foundation.
Das Projekt stieß zunächst auf Widerstand aus der Politik. Doch die Befürworter sahen das Projekt anders. Sie verbanden das Projekt mit der Umwandlung des Reichstagsgebäudes in den neuen Sitz des Parlaments für das wiedervereinigte Deutschland.
Einige meinten, ein Moment der Entspannung und des heiteren Umgangs mit der Geschichte würde den Deutschen guttun und könnte das Deutschlandbild in internationalen Medien verändern.
Nach Angaben des Bundestags haben Christo und Jeanne-Claude über zwei Jahrzehnte in die Verwirklichung des Projektes investiert. Sie unternahmen mehr als 60 Reisen nach Deutschland, trafen sich mit Bundestagsabgeordneten und leisteten umfangreiche Überzeugungsarbeit.
Die organisierende Firma „30 Jahre Verhüllter Reichstag Schwenkow & Specker GmbH“ erklärte gegenüber Medien, der „Wrapped Reichstag“ sei eine Hommage an das beeindruckende Vermächtnis von Christo und Jeanne-Claude, ein Geschenk für Berlin und für alle in Berlin lebenden Menschen.
Für viele Deutsche geht dieses Gedenken über die Ästhetik hinaus. Giselas Mann Klaus sieht die Lichtshow als Symbol der Einheit und des Wandels. „Ganz persönlich sicherlich erinnert es an die Wiedervereinigung und an den Beschluss, die Hauptstadt von Bonn nach Berlin zu verlegen. So verstehe ich das.“
Für Thorsten und seine Familie vermittelt die Installation Solidarität und historische Reflexion. „Die Lichtinstallation kann vermitteln, dass die Leute mal wieder zusammenkommen und an die Geschichte wieder zurückdenken“, so Thorsten.
Christo wurde am 13. Juni 1935 in Bulgarien geboren. Im Jahr 1958 lernte Christo seine Frau in Paris kennen. Gemeinsam leisteten sie Pionierarbeit für „monumentale Umweltkunstwerke“ in der ganzen Welt.
Das Jahr 2025 ist ein Meilenstein im Vermächtnis von Christo und Jeanne-Claude. Auf das Jahr fallen der 30. Jahrestag von „Wrapped Reichstag“ in Berlin, der 90. Jahrestag der Geburten der Künstler, der 20. Jahrestag von „The Gates“ in New York und der 40. Jahrestag von „The Pont Neuf Wrapped“ in Paris.
(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)