Österreichischer Botschafter: Chinesische Regierung und Volk schaffen Großes bei Armutsbekämpfung
BEIJING, 11. März (Xinhuanet) -- „Kein Land hat das noch geschafft, in 40 Jahren über 700 Millionen Menschen aus der Armut herauszuholen [...]. Die chinesische Regierung und die chinesischen Menschen haben Großes geschaffen“, so bewertete der österreichische Botschafter in China Friedrich Stift die Armutsbekämpfung Chinas in einem Interview mit Xinhuanet.
Am 5. und 3. März wurden jeweils die Jahrestagungen des Nationalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes in Beijing eröffnet. Vor kurzem hat Friedrich Stift mit Xinhuanet.com über eine Reihe von Themen über beide Tagungen, darunter Armutsbekämpfung, „Gürtel und Straße“-Initiative sowie die Beziehungen zwischen China und Österreich gesprochen.
Österreichischer Botschafter Friedrich Stift im Interview (Fot0: Xinhuanet/Shan Weiyi)
Xinhuanet: An welchen Themen sind Sie bei den „zwei Tagungen“ (Jahrestagungen des Nationalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes) dieses Jahres interessiert?
Friedrich Stift: Wir blicken mit großem Interesse den Tagungen entgegen. Auf den Tagungen wird das Regierungsprogramm für 2019 veröffentlicht. Das Programm, das entlang der großen Linien des 19. Parteitages der Kommunistischen Partei Chinas sein wird, richtet seine Aufmerksamkeit auf die Armutsbekämpfung, den Umweltschutz, mehr Konsum, Dienstleistungen und Export.
Xinhuanet: Sie haben gerade Armutsbekämpfung erwähnt. Dieses Jahr ist ein entscheidendes Jahr für Chinas umfassende Vollendung des Aufbaus einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand. Wie beurteilen Sie Chinas Erfolge bei der Armutsbekämpfung?
Friedrich Stift: Das war eine sehr große Leistung, die China gelungen ist. Im letzten Jahr wurden insgesamt mehr als 13 Millionen Menschen aus der Armut befreit. In diesem Jahr will China weitere 10 Millionen rausholen, die noch in extremer Armut sind. Ich bin zuversichtlich, dass es China gelingen wird, das Ziel der Armutsbekämpfung bis 2020 zu erreichen. Und das ist sicher ein großer Erfolg, zu dem man der chinesischen Regierung und dem chinesischen Volk nur gratulieren kann.
Xinhuanet: China wird dieses Jahr das zweite „Gürtel und Straße“-Forum für Internationale Kooperation abhalten. Einige große europäische Länder haben Zweifel an der „Gürtel und Straße“-Initiative und der „16+1“-Kooperation, dennoch verhält sich Österreich offener und aktiver bei der Teilnahme daran. Ich habe gehört, dass der Bundeskanzler Sebastian Kurz in diesem Jahr auch nach China kommen wird, um am zweiten „Gürtel und Straße“-Forum für Internationale Kooperation teilzunehmen. Wie denken Sie über die „Gürtel und Straße“-Kooperation? Welche Chancen bietet die „Gürtel und Straße“-Initiative China und Österreich?
Friedrich Stift: Österreich begrüßt und unterstützt die Initiative. Das haben wir auch letztes Jahr beim Staatsbesuch unseres Bundespräsidenten und unseres Bundeskanzlers, die beide im April letzten Jahres hier waren, unterstrichen. Wir haben das auch in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten, die wir hier unterzeichnet haben. Es war die gemeinsame Erklärung beider Staatschefs, Staatspräsident Xi Jinping und unser Bundespräsident Van der Bellen, wo eben ganz klar drin steht, dass Österreich diese Initiative begrüßt und unterstützt. Das stellt eine wichtige Initiative dar, deren Hauptfokus in der besseren Konnektivität zwischen Asien, Europa, sowie Afrika liegt.
Die „Gürtel und Straße“-Initiative zielt darauf ab, die Infrastruktur vor allem zu verbessern. Sie fördert auch bessere Verkehrswege, Zugverbindungen, aber auch bessere Kontakte von Menschen zu Menschen sowie Digitalverbindungen. Eine gute Infrastruktur ist immer die Voraussetzung für eine florierende und prosperierende Wirtschaft. Insofern wird damit eine wichtige Basis für eine gute Wirtschaftsentwicklung in Gebieten entlang der Route wie Zentralasien, Osteuropa und dem Balkan geschaffen, daher begrüßen wir das sehr.
Österreichische Unternehmen sind auch an der Initiative interessiert. Viele Unternehmen haben viele Erfahrungen im Tunnelbau, Straßenbau und Brückenbau. In diesen Bereichen verfügen österreichische Unternehmen über großes Potenzial für Aufträge. Wir hoffen auch, dass unsere Unternehmen bei der Umsetzung dieser wichtigen Infrastrukturprojekte zum Zug kommen.
Xinhuanet: Dieses Jahr ist der 70. Jahrestag der Gründung von der Volksrepublik China. Welche Wörter möchten Sie verwenden, um die Veränderungen in China in den letzten 70 Jahren zusammenzufassen? Welchen Einfluss haben diese Veränderungen auf die Welt?
Friedrich Stift: China ist im Bereich moderner Technologie ein führendes Land und hat vor allem in den letzten Jahren sehr viel bei modernen Hochgeschwindigkeitszügen zustande gebracht. Kein Land hat das geschafft, in so kurzer Zeit ein Hochgeschwindigkeitsnetz von fast 30.000 Kilometern aufzubauen. Es sind überall moderne Bahnhöfe und Flughäfen.
China hat sich auch in der Armutsbekämpfung unglaublich entwickelt. Kein Land hat das geschafft, in 40 Jahren über 700 Millionen Menschen aus der Armut herauszuholen, da muss ich China gratulieren, weil es eine sehr große Leistung ist. Die chinesische Regierung und auch die chinesischen Menschen haben Großes geschaffen.
Xinhuanet: Wie bewerten Sie die Erfolge des bilateralen Austauschs zwischen den beiden Ländern? Was sind Ihre Aussichten und Erwartungen für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern im Jahr 2019?
Friedrich Stift: Wir haben sehr gute Beziehungen mit China und wir sind einander immer mit Respekt begegnet. Zwar sind wir in der Größe und auch in der Bevölkerung unterschiedlich, aber wir haben immer sehr gut kooperiert im Kulturbereich aber auch im Wirtschaftsbereich. Unser Wirtschaftsaustausch war noch nie so groß wie jetzt. Im Jahr 2018 haben wir über zwölf Milliarden Euro Wirtschaftsaustausch. Die beidseitigen Investitionen entwickeln sich sehr gut, sowohl chinesische Investitionen in Österreich, als auch umgekehrt, österreichische Investitionen in China.
Wir bekommen immer mehr Touristen aus China. Wahrscheinlich im heutigen Jahr werden wir die Eine-Million-Grenze überschreiten. Das heißt, wir werden zirka eine Million Ankünfte aus China haben. Das begrüßen wir sehr, dass so viele Menschen aus China an Österreich interessiert sind und uns besuchen, das wird von uns sehr sehr positiv gesehen.
Auch die Flugverbindungen haben sich mehr als verdoppelt oder verdreifacht. Wir haben täglich Flüge zwischen Wien und Peking. Wir haben Flüge zwischen Hongkong und Wien, und dann auch seit Oktober des vorherigen Jahres Flüge zwischen Shenzhen und Wien. Später werden die Flüge zwischen Guangzhou, Ürümqi und Wien in Betrieb genommen. All diese Flugverbingungen machen den bilateralen Austausch, Handel, Wirtschaft und Tourismus leichter und sind natürlich auch sehr wichtig für die Verbindungen zwischen beiden Ländern.
Wir sind sehr gut aufgestellt, und unsere Wirtschaft blickt sehr positiv in die Zukunft, und wie gesagt in den letzten Jahren haben wir immer nur Steigerungsraten festgestellt und wir sind zuversichtlich, dass das in den nächsten Jahren erhalten und noch besser wird.
Österreichischer Botschafter Friedrich Stift im Interview (Fot0: Xinhuanet/Shan Weiyi)
Xinhuanet: Chinas Tür nach außen öffnet sich immer weiter: Wie beurteilen Sie Chinas Maßnahmen, um ausländische Investitionen anzuziehen und Importe auszuweiten? Wie werden Ihrer Meinung nach die beiden Länder ihre wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit weiter ausbauen?
Friedrich Stift: Wenn wir Importe ansprechen, war die große Import Expo in Shanghai eine sehr wichtige Expo. Daran haben auch österreichische Unternehmen teilgenommen. Sie waren sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Es war auch unsere Wirtschaftsministerin hier. Auch sie war sehr zufrieden und sie hat auch schon zugesagt, sie werde auch nächstes Jahr wiederkommen. China öffnet sich immer weiter, was von uns sehr begrüßt wird. Unsere Firmen wollen hier in China den selben Zugang haben, den chinesische Firmen in Österreich haben. Es hat sich sehr viel getan in den letzten Jahren, aber es sind noch einige Schritte zu tun.
Unsere österreichische Wirtschaft ist offen, in allen Bereichen mit China zusammenzuarbeiten. Wir blicken dem sehr gelassen entgegen und sind sehr optimistisch, dass in den nächsten Jahren die Kooperation zwischen China und Österreich noch intensiver werden wird. Es gibt immer noch Luft und Potential nach oben. Und unsere Firmen sind sehr interessiert an China, weil es der größte Markt der Welt mit fast 1,4 Milliarden Kosumenten ist. China ist wie kein anderes Land für Österreich eine große Chance.
Xinhuanet: Chinas Chang'e-4-Mission war ein voller Erfolg. Was halten Sie von Chinas technologischer Innovation in den letzten Jahren? Welche Kooperationsmöglichkeiten werden die beiden Länder in Zukunft auf dieser Ebene haben?
Friedrich Stift: Der Erfolg der Chang'e-4-Mission war ein Zeichen, dass China in der obersten Liga der modernen Technologie mitspielt. China hat in den letzten Jahren dabei einen riesen Sprung gemacht und gehört zu den führenden Mächten bei der Artificial Intelligence, IT, aber auch Quantenkommunikationstechnologie. Der berühmte chinesische Wissenschaftler im Bereich Quantenkommunikationstechnologie, Professor Pan Jianwei, hat in Österreich studiert. Er hat einen österreichischen Professor, Professor Anton Zeilinger, der der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist. Auch in diesem Bereich der Top-Technologie sehen wir Potential für die weitere Zusammenarbeit.
Wir sind offen, bei Forschungsbereichen mitzuarbeiten. Es wäre natürlich sehr schön, wenn noch mehr chinesische und österreichische Forscher bei diversen Projekten zusammenarbeiten könnten. Da ist auch Potential und Luft nach oben gegeben.