Interview: Wachsender Dienstleistungssektor stärkt Chinas Wirtschaftswachstum

Chinesische Arbeiter stehen neben einem Auto des Modells Kadjar an der Produktionslinie von Frankreichs Renault und Chinas Dongfeng Group-Fabrik in Wuhan, Provinz Hubei, 1. Februar 2016. Der französische Autogigant hat am 1. Februar seine erste Autofabrik in China eröffnet und ist damit der letzte große Hersteller, der eine Fabrik auf dem weltgrößten Automobilmarkt errichtet hat. (Foto: AFP/ JOHANNES EISELE)

NEW YORK, 12. Februar (Xinhuanet) -- China verfügt über genügend Ressourcen, um einen Wachstum von 6,5 Prozent zu realisieren und hat ermutigende Fortschritte bei Strukturanpassungen vorgenommen, sagte Stephen Roach, ein Ökonom an der Yale Universität.

Roach, ein Senior Fellow des Yale University's Jackson Institute of Global Affairs, kam gerade zurück aus Peking und erzählte gegenüber Xinhua am Donnerstag, dass in ihm der Eindruck geweckt wurde, dass es innerhalb Chinas weniger Bedenken gibt, als außerhalb Chinas.

„Das breite Fazit innerhalb Chinas lautet, dass es immer noch Vertrauen in die Leitung und Vertrauen in die Strategie zur Erfassung dieser Probleme gibt“, sagte Roach.

Seiner Auffassung nach geht es Chinas Wirtschaft gut, deutlich besser, als der Markt schlussfolgern lässt.

„Die verlangsamte Wachstumsrate ist ein Spiegelbild der Strukturverschiebung in der chinesischen Wirtschaft, weg von der Fertigung, sowie dem Bauwesen und hin zu Dienstleistungen. Für jede Volkswirtschaft bedeutet das ein langsameres Wachstum und China ist da keine Ausnahme.“

Chinas Industriesektor wird offensichtlich durch eine schwache globale Nachfrage und den verzögerten Auswirkungen der RMB-Aufwertung getroffen. Dies sind die andauernden Quellen der Schwäche, sagte Roach, welcher Chefökonom bei Morgan Stanley und ehemaliger Vorsitzender von Morgan Stanley Asia war.

Nichtsdestotrotz kann das neu entstehende Wachstum von Chinas Dienstleistungssektor diese Schläge ausgleichen, sagte er.

„Der wachsende Dienstleistungssektor kann den rückläufigen Industriesektor nicht vollständig kompensieren. Das Wichtigste ist, dass der Dienstleistungssektor einen großen Anteil der rückläufigen Beschäftigung des Industriesektors kompensieren kann. Dies ist wichtiger als das Bruttoinlandsprodukt.“

Er sagte, dass er daran glaubt, dass solange die chinesische Regierung sich der Restrukturierung verpflichtet und aggressiv vorangeht, um die Reformen durchzuführen, China definitiv eine Wachstumsrate von 6,5 Prozent erzielen kann.

Chinas Abschwächung, stellte er fest, wird sich auf große Rohstoffexporteure, wie Australien, Kanada, Russland und Brasilien auswirken, da sich China von einem Industrie-betriebenen Modell zu einem Kohlenstoffarmen-Dienstleistungsmodell wegbewegt, was zu einer geringeren Nachfrage nach Rohstoffen führt.

Aber die gute Nachricht lautet, dass China, sofern man erfolgreich bei der Neugewichtung seiner Wirtschaft ist, eine unglaublich große Nachfrage für Konsumgüter schaffen wird, betonte er.

„Dies sind enorme Chancen für Länder, die Produkte an chinesische Konsumenten

verkaufen wollen. Das ist ein Plus in dem gegenwärtig schwierigen globalen Wirtschaftsumfeld“, sagte er.

Währenddessen, fügte er hinzu, werden die Kapitalabflüsse aus China keine Krise auslösen, wie es sich in den späten 1990er in Asien ereignet hat. „Es gibt sehr große Unterschiede zwischen China und den Wirtschaften Südostasiens während der Krise damals“, sagte er.

China verfügt nach wie vor über einen erheblichen Leistungsbilanzüberschuss, während sich all die Länder zur Zeit der Krise in einem Defizit befanden, sagte Roach und fügte hinzu, dass China heute über 3 Billionen US-Dollar in Währungsreserven verfügt und die Reserven der Länder damals allesamt aufgebraucht waren.

Darüber hinaus stellte er fest, dass all diese Wirtschaften anfällig für kurzfristige Kapitalabflüsse waren und dass ihre kurzfristigen Auslandsverbindlichkeiten aus dem Land geeilt wurden, während China die Exposition von dieser Art von Kapital begrenzte.

„China hat wirklich wichtige Lektionen während den späteren 90er Jahren gelernt“, sagte er und wies darauf hin, dass die großen Devisenreserven, die China nach der Asien-Krise aufgebaut hat ein großes Polster sind, um Probleme, wie diese zu bewältigen.

Die größten Herausforderungen für die chinesische Wirtschaft, so fügte er hinzu, haben sehr viel mit der Umsetzung der Reformen zu tun, welche bereits vorgeschlagen wurden.

Aus seiner Sicht muss die Regierung für die Ausgleichung der Wirtschaft drei Hauptziele erreichen: Mehr Beschäftigungswachstum, kontinuierliche Urbanisierung und den Aufbau eines starken und sicheren sozialen Sicherheitsnetzes.

Er bemerkte, dass die chinesische Regierung gute Arbeit in den ersten Bereichen geleistet hat, aber beim dritten noch zurückhängt.

„Die Regierung hat eine Reihe von Reformen in den letzten zwei Jahren vorgeschlagen, um die soziale Sicherheit und die Gesundheitsversorgung, sowie die Haushaltsregistrierungsreform und die Ein-Kind-Politik zu bewältigen, welche allesamt ermutigend sind, da das Sicherheitsnetz Aufmerksamkeit bekommt.“

„Wenn sie die Reformen für das Sicherheitsnetz nicht schnell durchführen, wird die Wirtschaft in einer Art unvollständigen Neugewichtung des strukturellen Wandels stecken bleiben“, sagte er.

Hinsichtlich der bevorstehenden jährlichen Konferenz der chinesischen Gesetzgeber im März, sagte Roach, dass er für einen klar umrissenen Rahmen eines neuen Fünf-Jahres-Plans Ausschau halten wird.

„Letztes Jahr gab uns die chinesische Regierung einige Hinweise auf das, was man im Hinblick auf das Wachstum und einigen breiten Reformvorschläge erwarten kann“, sagte er.

Er sagt, dass er sich auf eine Klarstellung, was die Regierung eigentlich unternimmt, freut, sowie auf die Zeitrahmen der Reformen für das soziale Sicherheitsnetzwerk und die Haushaltsregistrierung.

„Der Markt will einen klaren und deutlich präziseren Zeitrahmen hören mit dem sich die Regierung bewegt, um die wirtschaftlichen Herausforderungen anzusprechen“, fügte er hinzu.

(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)

Mehr zum Thema:

China könnte Wachstumsrate von 6.5% in den nächsten fünf Jahren halten

Chinesische Wirtschaft könnte pro Jahr um 6.5 Prozent während des Zeitraums des 13. Fünfjahresplans wachsen, so Justin Yifu Lin von der nationalen Entwicklungsschule an der Peking-Universität und ehemaligem Chefökonom der Weltbank zufolge. mehr...