Eine Vollzeitmutter wird zur Fahrerin für Betrunkene

Wenn man am Abend mit Freunden ausgeht und dabei Alkohol trinkt, muss entweder eine Person nüchtern bleiben oder es wird ein Taxi gerufen. In China gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Es kann ein Fahrer bestellt werden, der den Fahrgast in dessen eigenem Auto nach Hause bringt. Um einen solchen Fahrer zu rufen, wird eine App oder eine von Drittanbietern zur Verfügung gestellte Rufnummer verwendet. Statistiken dieser Apps zeigen, die Zahl von Fahrerinnen ist in den letzten sechs Monaten stark gestiegen.

Für die 28-jährige Chen Meiyi beginnt der Arbeitstag um 19 Uhr. Vor acht Monaten war sie noch Vollzeitmutter. Dann hat sie entschlossen, sich als Fahrerin für Betrunkene anzubieten. Eine der Voraussetzungen für diese Fahrer ist, sie müssen ihren Führerschein seit mindestens fünf Jahren besitzen.

Chen Meiyi erklärte, sie habe diesen Beruf gewählt, weil er ihr Freiheiten biete. Tagsüber habe sie Zeit für ihren Sohn. Außerdem verdiene sie damit mindestens 5.000 Yuan im Monat, manchmal sogar über 10.000. Für Chen Meiyi ist das Fahren ein Hobby. Ihre Familie war am Anfang jedoch dagegen, weil sie es für gefährlich hielt. Die 28-Jährige ließ sich davon aber nicht beirren: „Die Unternehmen können ihre Fahrer mit GPS verfolgen. Wenn ich vor zwei Uhr morgens Feierabend mache, fahre ich mit dem Shuttlebus unserer Firma zurück nach Hause. Ich hatte bislang Glück. Noch hatte ich keine unvernünftigen Gäste."

Achtsamkeit und Mut, das sind die Stärken von Fahrerinnen. Wenn sich ein betrunkener Gast in seinem Auto übergibt, hält Chen Meiyi an, kauft Wasser und Papier und beseitigt die Folgen. Ab und zu erhält sie außer einem „Danke" auch ein Trinkgeld. „Einmal habe ich fast zwei Stunden auf einen Fahrgast gewartet. Er musste 30 Yuan bezahlen und hat mir 400 gegeben. Das Wechselgeld wollte er nicht", erinnerte sich Chen Meiyi.

Offiziellen Angaben zufolge ist die Zahl von Fahrerinnen im ersten Halbjahr von 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 300 Prozent gestiegen. Fahrerinnen erhalten in den Abendstunden 1,7-mal so viele Fahrten wie Fahrer. Viele Gäste sind der Meinung, dass Fahrinnen sicherer sind und ruhiger fahren. Obwohl in China bereits 20.000 Fahrerinnen tätig sind, ist der Markt für Frauen weiterhin riesig. Das Unternehmen, bei dem Chen Meiyi arbeitet, beschäftigt über 300 Fahrerinnen. Das entspricht nicht einmal einem Prozent aller Fahrer.

Jeder Fahrer hat einen eigenen Kreis, in dem er selbstständig arbeitet. Wettbewerb existiert dadurch kaum. Während Chen Meiyi auf einen Auftrag wartet, chattet sie mit Freunden. Wenn sie nachts an einen abgelegen Ort fährt, informiert sie ihre Freunde davon. Manchmal holt sie auch Kollegen nach der Arbeit mit ihrem eigenen Auto ab, wenn diese gerade an entfernten Orten feststecken. Die meisten ihrer Kollegen sind zwischen 35 und 45 Jahre alt. Sie arbeiten sehr fleißig. Obwohl Chen Meiyi erst 28 Jahre alt ist, wurde sie aufgrund ihrer Gewissenhaftigkeit und ihres Verantwortungsbewusstseins zur Teamleiterin ernannt.

(Quelle: german.cri.cn)