Deutsche Tischtennisspieler im Reich der Mitte

von Veronika Schmidt

BEIJING, 13. April (Xinhuanet) -- Woran denken Sie, wenn sie das Wort Tischtennis hören? Vielleicht an Klassenfahrten und Ferienlager? Ich, als interessierter Beobachter verbinde diesen Sport auch seit vielen Jahren mit China. Aber wussten Sie, dass es sogar zwei deutsche Weltklassespieler gibt, die in China teilweise wie Superstars verehrt werden?

Geschichte des Tischtennis in China

„Pingpong" wird erstmals schriftlich 1874 in England erwähnt. Der ursprüngliche Name Pingpong entstand als Nachempfindung der Geräusche des Balls beim Spielen. Aber warum bezeichnet man den Sport heute offiziell als „Tischtennis“? Weil eine Ausrüstungsfirma in den 1920er Jahren die Rechte an der Bezeichnung „Pingpong“ erwarb und die Verwendung des Namens nur unter Benutzung ihrer Ausrüstung erlaubte. Mit zunehmender Beliebtheit des Sportes entstand der neue, offiziell verwendete Name „Tischtennis“, den auch der internationale Dachverband für Tischtennis, die „International Table Tennis Federation“ (ITTF), benutzt. Wie genau Tischtennis nach China gelangte ist umstritten: Einige behaupten, dass der Sport 1899 bzw. 1902 durch einen Studenten, der das Spiel in England gelernt hatte, nach Japan. 1904 kaufte ein Shanghaier Manager eines Schreibwarenladens Tischtennisausrüstung in Japan. Um das Spiel zu vermarkten, spielte er es in seinem Laden vor dem Schaufenster, so dass die vorübergehenden Passanten es sehen konnten. So verdiente er Geld und der Sport konnte gleichzeitig in China Fuß fassen.

Kamen die besten Spieler bis zum zweiten Weltkrieg noch aus Ungarn, der Tschechoslowakei und Rumänien, fing China in den 70er Jahren an im Tischtennissport erfolgreich zu werden. Seit den 90er Jahren gehört China zur Weltspitze und bringt viele großartige Spieler hervor. Den bisherigen Höhepunkt markierten die Olympischen Spiele in Peking 2008: China gewann alle Einzel- und Mannschaftsmedaillen sowohl bei den Herren, als auch den Damen und auch 2012 war das chinesische Pingpong-Team wieder sehr erfolgreich bei Olympia.

Zwei Deutsche in China

Schaut man sich die Weltrangliste der ITTF vom April 2016 an, kann man auch zwei deutsche Spieler unter den 10 besten Spielern der Welt entdecken!

Einige von ihnen haben vielleicht schon einmal den Namen Timo Boll gehört. Der 35-Jährige ist derzeit Weltranglisten-Zehnter und eine Art Ikone in China. Dort ist er ein gefeierter und beliebter Sportler, der auch gelegentlich vom chinesischen Nationaltrainer, Luo Guoliang, scherzhaft als „Staatsfeind“ bezeichnet wird. Er gilt als einer der wenigen Spieler, die in den letzten Jahren international auf sich aufmerksam machen konnten. Der Odenwälder ist im Reich der Mitte so beliebt, dass er auch schon mal von chinesischen Zuschauern in Partien gegen die eigenen Spieler angefeuert wird. Mit einer großen Geste bei der Weltmeisterschaft 2005 spielte er sich in die Herzen der chinesischen Fans: Im Achtel-Einzelfinale schien sein chinesischer Gegner den entscheidenden Matchball vergeben zu haben, doch Boll, als fairer Sportsmann, zeigte an, dass der Ball seine Spielfeldhälfte noch gestreift habe. Dadurch schied er zwar aus, erhielt jedoch einen Preis für Fairness vom internationalen Verband und begründete seine Beliebtheit in China. Ist er im Land unterwegs, bilden sich Menschentrauben um ihn. Läuft er auf der Straße hört er des öfteren die erstaunten Worte „Bo´er“, sein chinesischer Name, im Rücken. Der Hesse selbst hält sich mehrere Wochen im Jahr in China auf, um zu trainieren und in der Tischtennisliga, der sogenannten „Superliga“ für chinesische Vereine zu spielen. Seine Karriere ist jedoch von Krankheitsbedingten Ausfällen gekennzeichnet: In den vergangenen Jahren litt er öfter unter Rückenproblemen. Alle Wettbewerbe der laufenden Saison musste er aufgrund einer Knieoperation und einer Lebensmittelvergiftung absagen. Auch als Einzelspieler gewann er bisher nur eine Bronze-Medaille bei Weltmeisterschaften.

Ein vollkommen anderer, aber auch sehr erfolgreicher Spieler ist Dimitrij Ovtcharov. Der zur Zeit beste, deutsche Spieler belegte im April 2016 Platz fünf der offiziellen Weltrangliste. Sein Vater, ein ehemaliger, sowjetischer Tischtennismeister und seine Mutter, die eine Trainerlizenz besitzt, förderten ihn von klein auf. Sie lehrten ihn Selbstdisziplin, Selbstkontrolle und akribische Planung. Ovtcharov gewann in London 2012 als zweiter Deutscher überhaupt eine Medaille im Einzel und spielte, wie Boll, öfter in der chinesischen Superliga. Im Reich der Mitte löst er zwar keine Begeisterungsstürme wie Timo Boll aus und wirkt auch nicht so sympathisch wie er, aber mit seinen 28 Jahren und seiner eisernen Disziplin wäre er durchaus in der Lage in den nächsten Jahren eine langersehnte Goldmedaille für Deutschland bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen zu gewinnen. In jedem Fall glaube ich, dass beide Spieler eine Bereicherung für den Tischtennissport sind und werde auch weiterhin ihre Partien gespannt verfolgen.

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Niwa Koki und Yoshimura Maharu aus Japan treten im Finale des Tischtennis-Doppels der Männer gegen Fan Zhendong und Zhang Jike aus China beim ITTF World Tour Qatar Open 2016 Tischtennistunier in Doha, der Hauptstadt Katars, an, 27. März 2016. mehr...

 

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Deutsche Tischtennisspieler im Reich der Mitte

GERMAN.XINHUA.COM 2016-04-13 15:08:21

von Veronika Schmidt

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Geschichte des Tischtennis in China

„Pingpong" wird erstmals schriftlich 1874 in England erwähnt. Der ursprüngliche Name Pingpong entstand als Nachempfindung der Geräusche des Balls beim Spielen. Aber warum bezeichnet man den Sport heute offiziell als „Tischtennis“? Weil eine Ausrüstungsfirma in den 1920er Jahren die Rechte an der Bezeichnung „Pingpong“ erwarb und die Verwendung des Namens nur unter Benutzung ihrer Ausrüstung erlaubte. Mit zunehmender Beliebtheit des Sportes entstand der neue, offiziell verwendete Name „Tischtennis“, den auch der internationale Dachverband für Tischtennis, die „International Table Tennis Federation“ (ITTF), benutzt. Wie genau Tischtennis nach China gelangte ist umstritten: Einige behaupten, dass der Sport 1899 bzw. 1902 durch einen Studenten, der das Spiel in England gelernt hatte, nach Japan. 1904 kaufte ein Shanghaier Manager eines Schreibwarenladens Tischtennisausrüstung in Japan. Um das Spiel zu vermarkten, spielte er es in seinem Laden vor dem Schaufenster, so dass die vorübergehenden Passanten es sehen konnten. So verdiente er Geld und der Sport konnte gleichzeitig in China Fuß fassen.

Kamen die besten Spieler bis zum zweiten Weltkrieg noch aus Ungarn, der Tschechoslowakei und Rumänien, fing China in den 70er Jahren an im Tischtennissport erfolgreich zu werden. Seit den 90er Jahren gehört China zur Weltspitze und bringt viele großartige Spieler hervor. Den bisherigen Höhepunkt markierten die Olympischen Spiele in Peking 2008: China gewann alle Einzel- und Mannschaftsmedaillen sowohl bei den Herren, als auch den Damen und auch 2012 war das chinesische Pingpong-Team wieder sehr erfolgreich bei Olympia.

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Ein vollkommen anderer, aber auch sehr erfolgreicher Spieler ist Dimitrij Ovtcharov. Der zur Zeit beste, deutsche Spieler belegte im April 2016 Platz fünf der offiziellen Weltrangliste. Sein Vater, ein ehemaliger, sowjetischer Tischtennismeister und seine Mutter, die eine Trainerlizenz besitzt, förderten ihn von klein auf. Sie lehrten ihn Selbstdisziplin, Selbstkontrolle und akribische Planung. Ovtcharov gewann in London 2012 als zweiter Deutscher überhaupt eine Medaille im Einzel und spielte, wie Boll, öfter in der chinesischen Superliga. Im Reich der Mitte löst er zwar keine Begeisterungsstürme wie Timo Boll aus und wirkt auch nicht so sympathisch wie er, aber mit seinen 28 Jahren und seiner eisernen Disziplin wäre er durchaus in der Lage in den nächsten Jahren eine langersehnte Goldmedaille für Deutschland bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen zu gewinnen. In jedem Fall glaube ich, dass beide Spieler eine Bereicherung für den Tischtennissport sind und werde auch weiterhin ihre Partien gespannt verfolgen.

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