Wie geht man mit dem Verlust des einzigen Kindes um?

BEIJING, 11. Mai (Xinhuanet) -- Sich um die alternden Eltern zu kümmern, wird nach wie vor in China von der jüngeren Generation erwartet. Doch was ist, wenn das einzige Kind vorzeitig verstorben ist? Ein Schicksalsschlag, der nicht nur auf psychischer, sondern auch auf sozialwirtschaftlicher Ebene bewältigt werden muss.

„Ich habe beinahe alle meine Verbindungen zur Außenwelt gekappt. Diejenigen, die nicht die gleichen Leiden erfahren haben, können nicht nachvollziehen, wie sich der Schmerz anfühlt“, erzählt die 52-jährige alleinerziehende Mutter Zhao Ruxian, deren Tochter sich das Leben wegen einer zerbrochenen Beziehung nahm.

Zhao ist nicht die Einzige, die wegen ihres verstorbenen Kindes nicht nur seelischen Schmerz erleidet: Mehr als eine Million Eltern in China wissen außerdem nicht, wie sie im Alter ohne die Unterstützung des Kindes zurechtkommen sollen. Sie alle sind betroffen von der Familienplanungspolitik aus den 70er Jahren, die ihnen nur ein Kind erlaubte.

Am letzten Dienstag kamen für vier Tage einige von ihnen in Beijing zusammen, um vor dem Gebäude der Staatlichen Kommission für Gesundheit und Familienplanung zu protestieren. Insgesamt trafen sich über 700 Eltern aus 29 Provinzen und Städten, um die Regierung aufzufordern, Verantwortung für die Folgen der Ein-Kind-Politik zu übernehmen.

„Die Regierung sollte diesen Familien einen Ausgleich dafür gewährleisten, dass sie sich für die Entwicklung des Landes aufopferten, auch wenn dies eine größere finanzielle Belastung bedeutet. Dies ist der Preis, den wir aufbringen müssen, um die Ein-Kind-Politik umzusetzen“, erklärt Ma Li, Direktor des Chinesischen Forschungszentrums für Gesellschaftsentwicklung.

Laut Statistiken der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften wird die Zahl der vom frühzeitigen Tod des einzigen Kindes betroffenen Familien bis 2030 ca. 2,7 Millionen erreichen und 2050 sogar 11 Millionen. Je älter diese Menschen werden, desto mehr damit verbundene Probleme werden auftauchen. „Ungefähr 97 Prozent der Älteren sind auf physische und seelische Unterstützung ihrer Kinder angewiesen und die mangelhafte Sozialversicherung in China erschwert das Leben dieser Familien“, erklärt Ma.

Staatliche Unterstützung für Hilfsnetzwerke und Medizin

Auch wenn die Kommission für Gesundheit und Familienplanung betroffene Familien durch finanzielle Zuschüsse unterstützt und diese Summe in unterschiedlichen Abständen anpasst, reicht das Geld meist nicht für zusätzliche Ausgaben, wie zum Beispiel medizinische Behandlungen oder Seniorenheime.

„Die Zuschüsse variieren stark je nach Region und lokaler finanzieller Situation. Außerdem bekommt man das Geld nicht monatlich“, erklärt die 63-jährige Shi Xueping aus Tianjin, bei der im vergangenen Jahr Krebs diagnostiziert wurde. Die Kosten für die Therapien können sie und ihr Mann kaum aufbringen.

Shi und Zhao, die für ihre Forderungen an das Komitee nach Beijing gekommen waren, erzählen neben ihren finanziellen Belastungen auch von den seelischen, die sie allerdings durch Selbsthilfe-Netzwerke etwas mildern können. Online Chatgruppen bieten die Möglichkeit, sich über neuste Gesetzesregelungen auszutauschen, gegenseitig bei der Trauerarbeit zu helfen und auf sich aufzupassen.

In beinahe jeder Provinz gibt es solch ein Netzwerk oder eine Vereinigungen, die mit staatlicher Unterstützung gegründet wurde und Veranstaltungen organisiert. Dennoch mangelt es in den Augen der Betroffenen noch an anderen Dingen, wie professioneller Hilfe für die psychische Verarbeitung des Verlustes oder spezialisierten Seniorenheimen, damit sie mit ihrer Trauer und der sozialen Belastung nicht alleine sind.

(Quelle: german.people.com.cn)

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