Zweitkind? Die meisten Chinesinnen sagen Nein

BEIJING, 13. November (Xinhuanet) -- Chinas Regierung hat die Zwei-Kinder-Politik eingeführt. Beispielsweise sind damit nun in Shanghai 90 Prozent der Frauen berechtigt, ein zweites Kind zu bekommen. Doch nur weniger als fünf Prozent wollen das auch. Warum eigentlich?

Gesellschaft und Wertvorstellungen - Die viele Jahrzehnte geltende Ein-Kind-Politik hat die allgemeinen gesellschaftlichen Vorstellungen und Traditionen in China stark beeinflusst. Heute herrscht eher der Leitsatz „Lieber ein Kind, aber dafür um so besser erziehen" vor. Zudem sind immer mehr Chinesen/innen aufgrund des sozialen Fortschritts und des erhöhten Lebensniveaus nicht mehr so sehr auf mehr Nachwuchs als zukünftige „Altersversorgung" angewiesen.

Die Kostenfrage - Trotz des gehobenen Lebensstandards ist es für viele Chinesen/innen, vor allem in Großstädten, ein Luxus, ein Kind aufzuziehen. Schätzungen zufolge „kostet" ein Kind Eltern in Beijing von der Geburt bis zum Erwachsenenalter etwa 2,76 Millionen Yuan – umgerechnet 400.000 Euro. Milchpulver, Kleidung, Lebensmittel, Alltagsgebrauchsgegenstände, medizinische Behandlung und die Gebühren für Kindergärten sowie weitere Bildungsinstitutionen summieren sich über die Jahre zu einer Investition, die viele abschreckt.

Der Kind-Karriere-Konflikt – Vielen Frauen in China erscheint es unmöglich, Kind und Karriere zu vereinbaren. Um in keinen Gewissenskonflikt zu kommen, zum Beispiel weil die Nanny oder Oma das Kind mehr sieht als die Mutter selbst, verzichten sie von vornherein auf Nachwuchs. Dies gilt umso mehr für Frauen, die bereits ein Kind haben und aus eigener Erfahrung wissen, wie schwer dieser Spagat ist.

Von der neuen Zwei-Kinder-Politik werden einige Industriezweige dennoch profitieren, wie zum Beispiel die Produzenten von Babynahrung, die Bildungs- und sogar die Immobilienbranche. Denn die Zahl der Geburten wird natürlich steigen. Dagegen könnte sich die neue Regelung ausgerechnet auf die Beschäftigungschancen von Frauen negativ auswirken. Wenn eine Firma eine junge, ledige Frau anstellt, muss sie nun womöglich mit zwei Schwangerschaften und damit auch Schwangerschaftsurlauben von mehreren Monaten rechnen. Es besteht die Gefahr, dass einige Arbeitgeber aus diesem Grund eher einen männlichen Mitbewerber einstellen, um mehr Planungssicherheit zu haben.

Zudem sind Experten zufolge die Frauenrechte im Ehe- und Arbeitsrecht sowie den meisten Anstellungsverträgen noch unzureichend geschützt. Schließlich müsse eine Frau von Natur aus bei einer Schwangerschaft und der Erziehung eines Kindes mehr investieren, was sich aber in den gesetzlichen Regelungen und Arbeitsverträgen nicht genügend niederschlage. Wohl ein weiterer Grund, warum manche Chinesinnen vorerst auf ein zweites Kind verzichten dürften.

Mehr zum Thema:

Zwites Kind ohne Einschränkung, was sagen die Bürger dazu?

Laut dem am 29. Oktober veröffentlichten Kommunique wurde auf der 5.Plenarsitzung des achtzehnten Zentralkomitees die „vollständige Durchsetzung der Zwei-Kinder-Politik pro Ehepaar“ beschlossen. mehr...

 

 

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Zweitkind? Die meisten Chinesinnen sagen Nein

GERMAN.XINHUA.COM 2015-11-16 14:23:48

BEIJING, 13. November (Xinhuanet) -- Chinas Regierung hat die Zwei-Kinder-Politik eingeführt. Beispielsweise sind damit nun in Shanghai 90 Prozent der Frauen berechtigt, ein zweites Kind zu bekommen. Doch nur weniger als fünf Prozent wollen das auch. Warum eigentlich?

Gesellschaft und Wertvorstellungen - Die viele Jahrzehnte geltende Ein-Kind-Politik hat die allgemeinen gesellschaftlichen Vorstellungen und Traditionen in China stark beeinflusst. Heute herrscht eher der Leitsatz „Lieber ein Kind, aber dafür um so besser erziehen" vor. Zudem sind immer mehr Chinesen/innen aufgrund des sozialen Fortschritts und des erhöhten Lebensniveaus nicht mehr so sehr auf mehr Nachwuchs als zukünftige „Altersversorgung" angewiesen.

Die Kostenfrage - Trotz des gehobenen Lebensstandards ist es für viele Chinesen/innen, vor allem in Großstädten, ein Luxus, ein Kind aufzuziehen. Schätzungen zufolge „kostet" ein Kind Eltern in Beijing von der Geburt bis zum Erwachsenenalter etwa 2,76 Millionen Yuan – umgerechnet 400.000 Euro. Milchpulver, Kleidung, Lebensmittel, Alltagsgebrauchsgegenstände, medizinische Behandlung und die Gebühren für Kindergärten sowie weitere Bildungsinstitutionen summieren sich über die Jahre zu einer Investition, die viele abschreckt.

Der Kind-Karriere-Konflikt – Vielen Frauen in China erscheint es unmöglich, Kind und Karriere zu vereinbaren. Um in keinen Gewissenskonflikt zu kommen, zum Beispiel weil die Nanny oder Oma das Kind mehr sieht als die Mutter selbst, verzichten sie von vornherein auf Nachwuchs. Dies gilt umso mehr für Frauen, die bereits ein Kind haben und aus eigener Erfahrung wissen, wie schwer dieser Spagat ist.

Von der neuen Zwei-Kinder-Politik werden einige Industriezweige dennoch profitieren, wie zum Beispiel die Produzenten von Babynahrung, die Bildungs- und sogar die Immobilienbranche. Denn die Zahl der Geburten wird natürlich steigen. Dagegen könnte sich die neue Regelung ausgerechnet auf die Beschäftigungschancen von Frauen negativ auswirken. Wenn eine Firma eine junge, ledige Frau anstellt, muss sie nun womöglich mit zwei Schwangerschaften und damit auch Schwangerschaftsurlauben von mehreren Monaten rechnen. Es besteht die Gefahr, dass einige Arbeitgeber aus diesem Grund eher einen männlichen Mitbewerber einstellen, um mehr Planungssicherheit zu haben.

Zudem sind Experten zufolge die Frauenrechte im Ehe- und Arbeitsrecht sowie den meisten Anstellungsverträgen noch unzureichend geschützt. Schließlich müsse eine Frau von Natur aus bei einer Schwangerschaft und der Erziehung eines Kindes mehr investieren, was sich aber in den gesetzlichen Regelungen und Arbeitsverträgen nicht genügend niederschlage. Wohl ein weiterer Grund, warum manche Chinesinnen vorerst auf ein zweites Kind verzichten dürften.

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