Porzellan – Visitenkarte der chinesischen Kultur
Kunstfertigkeit der Natur
Jeder, der sich mit chinesischem Porzellan auskennt, weiß, dass die Oberfläche bestimmter Arten mit unregelmäßigen Rissen übersät ist. In der Fachsprache heißt diese Erscheinung „Craquelé“. Ursprünglich entstanden die Risse durch Unachtsamkeit während des Brennens. Doch während der Song-Zeit kam Craquelé-Ware groß in Mode, und diese Tradition hat sich bis heute erhalten. Heute gehört Craquelé-Porzellan zu den typischen Arten chinesischen Porzellans.
Weihrauchgefäß mit fischförmigen Griffen, Yuan-Dynastie
Der Ge-Brennofen (im heutigen Longquan, Provinz Zhejiang) war ein typischer Brennofen der Song- Zeit, der Craquelé-Porzellan herstellte. Heute besitzt das Shanghai-Museum zwei Stücke aus seiner Produktion. Eines ist eine Schale, deren Rand wie eine Sonnenblume geformt ist, das andere ist eine Schale mit einem Rand in der Form einer Blüte. Beide überzieht auf der Oberfläche ein Netz von Rissen. Im Palastmuseum in Taipei gibt es ein yuanzeitliches Erzeugnis des Ge-Brennofens: Ein Gefäß mit fischförmigen Griffen zum Verbrennen von Weihrauch. Feine, dünne Risse in der creme- farbenen Glasur erinnern an ein Baumblatt, mit Adern, die sich verzweigen und wieder vereinen, ganz wie es ihnen beliebt.
Seladon-Schale, Südliche Song-Dynastie
Chinesen lieben Craquelé, weil sie die einzigartige Kunstfertigkeit der Natur lieben. Porzellan ist von Menschenhand gemacht, doch wogegen es sich am meisten wehrt, ist Künstlichkeit. Das Besondere an Craquelé ist sein natürlich entstandenes und unbestimmbares Muster. Von Menschenhand gemachte Risse würden mechanisch und unnatürlich anmuten und ihre Künstlichkeit verraten, außer-stande, sich mit den von der Natur geschaffenen Rissen zu messen.