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Thomas Derksen: Das Allheilmittel

German.xinhuanet.com | 27-05-2017 09:23:17 | Xinhuanet

BEIJING, 25. Mai 2017 (Xinhuanet) -- Der Sommer in Shanghai ist heiß, sehr heiß. Von Juli bis September vergeht kaum ein Tag, an dem Thermometer nicht über die 40-Grad-Marke klettert. Bei solchen Temperaturen kann man nur mit Klimaanlagen überleben; und die laufen überall auf Hochtouren. Ganz besonders die U-Bahnbetreiber in Shanghai gehen sehr großzügig mit ihren Klimaanlagenressourcen um, da steigt man in die U-Bahn ein und muss plötzlich einen Temperatursturz von gefühlt über 20 Grad Celsius ertragen.

Das führt natürlich dazu, dass man sich hier ganz leicht eine Sommergrippe einfängt, da man nassgeschwitzt in einen Kühlraum steigt und das der Körper an sich nur schlecht verträgt.

Wenn man dann am Niesen und am Husten ist, dann hört man von allen Seiten einen Rat: „Trink mehr heißes Wasser!“ Wie bitte? Ja, genau. Sie haben richtig gehört. Heißes Wasser ist ein richtig großes Ding hier in China. Es hilft bei Erkältungen, bei Durchfall und auch bei Liebeskummer. Immer wenn etwas schief läuft oder man sich nicht wohl fühlt, dann ist heißes Wasser das Allheilmittel.

Egal ob man in China ins Restaurant geht, zum Unterricht in die Uni oder im Büro. Überall gibt es Wasserspender, die heißes und lauwarmes Wasser ausgeben. Nein, kein Tee oder Zitronenwasser. Einfach nur heißes Wasser. Und das beste ist: Es ist überall kostenlos.

Chinesen haben im Generellen eine Abneigung gegen kaltes Wasser, da kaltes Wasser kalte Luft in den Körper bringt und dieses zu Unwohlsein führen soll. Ganz besonders Frauen, die ihre Tage haben und Schwangere sollten sich meilenweit von kaltem Wasser fernhalten.

Als meine Schwiegereltern das erste Mal nach Deutschland und Europa gekommen sind, habe ich sie mit dem Auto durch Europa kutschiert. Natürlich blieb auch die eine oder andere Kaffeepause nicht aus. Einen Kaffee zu bekommen war nicht das Problem. Als ich aber den Angestellten hinter der Theke um heißes Wasser bat, war die Verwirrung groß. „Sie wollen Tee?“ „Nein, heißes Wasser.“ „Dann tue ich Ihnen den Teebeutel dazu.“ „Nein, danke, ich brauche keinen Teebeutel.“ „Wie soll ich das dann berechnen?“ „Das weiß ich auch nicht...“ „Na, dann gebe ich Ihnen das umsonst.“

Diese Situation wiederholte sich immer und immer wieder. Und am Ende waren meine Schwiegereltern froh, wieder in Shanghai zu sein, wo sie sich umsonst und unlimitiert heißes Wasser in ihre Thermobecher füllen konnten.

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